Überblick Rechtsprechung zum Erholungsurlaub
Kein automatischer Verfall von
nicht genommenem Urlaub
Nach der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlg) muss
Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden. Die Folge dieser
Regelung war (bisher), dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen
wurde, ersatzlos verfällt.
Nach dem Urteil des BAG vom 19.02.2019, mit dem die Entscheidung es EuGH
vom 06.11.2018 umgesetzt wurde, erlischt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf
bezahlten Jahresurlaub nicht mehr automatisch, sondern in der Regel nur noch
dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über
seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der
Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Das BAG formuliert:
Bei einer richtlinienkonformen
Auslegung des § 7 BUrlG kann der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur
eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert
hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat,
dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder
Übertragungszeitraums erlischt.
Arbeitgeber sind also gut beraten, den Arbeitnehmern die beschriebenen
Hinweise zu erteilen und sie aufzufordern den (Rest-)Urlaub zu nehmen. Dies
sollte so rechtzeitig erfolgen, dass der Arbeitnehmer noch in der Lage ist, im
laufenden Jahr seinen Resturlaub zu nehmen. Außerdem sollte vom Arbeitgeber der
Hinweis auf bestehenden Resturlaub und drohenden Verfall gut dokumentiert
werden.
BAG Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 541/15
Urlaubsanspruch ist vererbbar
Grundsätzlich gilt: Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses
nicht genommen werden kann, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten, also
„auszuzahlen“. Starb ein Arbeitnehmer, ohne den vollen Jahresurlaub genommen zu
haben, gingen die Erben (hinsichtlich des nicht gewährten Urlaubs) leer aus.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine bisherige Rechtsprechung, wonach
der Urlaubsanspruch nicht vererbt werden kann nach der Entscheidung des EuGH vom
6.11.2018 aufgegeben und mit Urteil vom 22.01.2019 entschieden, dass
Urlaubsansprüche vererbbar sind.
Das heißt, die Erben können vom Arbeitgeber des verstorbenen Arbeitnehmers
die Abgeltung des nicht genommenen Jahresurlaubs verlangen (§ 1922 Abs. 1 BGB
iVm. §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG).
BAG, Urteil vom 22.01.2019, Az.: 9 AZR 45/16
Urlaubsanspruch während der
Elternzeit
Grundsätzlich entstehen auch während der Elternzeit Urlaubsansprüche für
die Arbeitnehmer.
Gemäß § 17 Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz
(BEEG) kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub des Arbeitnehmers in Elternzeit
für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12 kürzen.
Da eine automatische Kürzung der Urlaubsansprüche
nicht entsteht, muss der Arbeitgeber diese Kürzung gegenüber dem Arbeitnehmer
erklären, wenn er von der Möglichkeit der Urlaubkürzung Gebrauch machen möchte.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 19.03.2019 bestätigt, dass die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG, nach der der Arbeitgeber den Urlaub während der Elternzeit kürzen kann, nicht gegen Unionsrecht verstößt.
Das BAG begründete
seine Entscheidung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach
Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet
waren, nicht mit Arbeitnehmern gleichgestellt werden müssen, die in diesem
Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben. Sofern ein Arbeitnehmer während der
Elternzeit hingegen in Teilzeit arbeitet, entsteht für diese Zeiten
selbstverständlich auch der Urlaubsanspruch.
BAG Urteil vom 19.03.2019, Az.: 9 AZR 362/18
BAG – Urlaubsansprüche sind vererbbar
Grundsätzlich gilt: Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Starb ein Arbeitnehmer, ohne den vollen Jahresurlaub genommen zu haben, gingen die Erben (hinsichtlich der Urlaubsabgeltung) leer aus. Etwas anderes galt bisher nur für bereits vor dem Tod des Arbeitnehmers entstandene Abgeltungsansprüche für nicht gewährten Urlaub (z. B. aufgrund von Kündigung).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG)
hat seine bisherige Rechtsprechung zur Vererbbarkeit von
Urlaubsansprüchen aufgegeben und mit Urteil vom 22.01.2019 entschieden,
dass Urlaubsansprüche vererbbar sind.
Mit der Entscheidung vom
22.01.2019 schließt sich das höchste deutsche Arbeitsgericht der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an.
Der EuGH hatte zuvor mit Urteilen vom 6.11.2018, Az.: C‑570/16; C-569/16,
entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht mit
seinem Tod untergeht und die Erben einen finanziellen Ausgleich für noch
nicht genommenen Urlaub beanspruchen können. Das heißt, die Erben
können vom Arbeitgeber des verstorbenen Arbeitnehmers die Abgeltung des
nicht genommenen Jahresurlaubs verlangen (§§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG).
Das
BAG stellte in der Entscheidung ferner klar, dass nicht nur der
gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG von 24
Werktagen erfasst wird. Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst auch
den Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125
Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F. sowie den Anspruch auf Urlaub nach § 26 TVöD,
der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt.
BAG, Urteil vom 22.01.2019, Az.: 9 AZR 45/16